Oxfam-Studie: Corona verschärft soziale Ungleichheiten

„Das Ungleichheitsvirus“ – so heißt der Bericht zur aktuellen Studie der internationalen Hilfsorganisation Oxfam. Die soziale Ungleichheit droht erstmals in fast allen Ländern der Welt gleichzeitig anzusteigen. Schuld daran ist laut Bericht die Corona-Pandemie.

Diese Befürchtung wird durch eine Umfrage unter 295 Wirtschaftswissenschaftler:innen aus 79 Ländern gestützt. 87 Prozent erwarten eine starke Zunahme der Ungleichheit im Einkommensbereich. Außerdem befürchten viele der Befragten zunehmende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern und bezüglich der Hautfarbe.

Schere zwischen Arm und Reich immer größer

Laut Studie konnten die zehn reichsten Männer der Welt ihr Vermögen seit Februar um eine halbe Billion US-Dollar steigern. Auch die zehn reichsten Männer Deutschlands können nicht klagen: Ihr Vermögen stieg im selben Zeitraum insgesamt um rund 35 Prozent. Auf der anderen Seite haben seit Beginn der Pandemie hunderte Millionen Menschen weltweit ihre Jobs verloren und sind in die Armut gerutscht.

Beispiel Deutschland: Rund 40 Prozent der Erwerbstätigen haben durch die Pandemie an Einkommen verloren. Zusätzlich sind besonders die Menschen von Einbußen betroffen, die vorher schon ein eher niedriges Einkommen hatten – so der Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI).

Der Sprecher von Oxfam Deutschland, Steffen Küßner, kommentiert, wie die Ungleichheit zwischen Arm und Reich so extrem ansteigen kann: „Die reichsten 1000 Menschen konnten ihre Pandemie-bedingten Verluste in nur neun Monaten wettmachen. Die ärmere Hälfte der Menschheit wird hingegen voraussichtlich über ein Jahrzehnt brauchen, um die wirtschaftlichen Folgen der Krise zu bewältigen.“

Frauen und Menschen mit Rassismus-Erfahrung stärker betroffen

Aus der Studie geht außerdem hervor, dass Frauen und BIPoCs (Black, Indigenous und People of Color) stärker von der Krise betroffen sind als Männer und Menschen ohne Rassismus-Erfahrung. Grund für die stärkere Betroffenheit der Frauen sei vor allem, dass sie öfter im Gastgewerbe oder im Büromanagement arbeiteten. Gerade diese Bereiche hätten besonders große Einkommens- und Arbeitsplatzverluste zu verzeichnen.

Zudem sterben BIPoCs in Brasilien und den USA laut Statistik zwischen 40 und 50 Prozent häufiger an Covid-19 als andere Menschen. Sie arbeiteten häufiger in Berufen, in denen das Infektionsrisiko höher ist als in anderen Branchen. Außerdem sei bei dieser Personengruppe das Risiko eines schweren Infektionsverlaufs armutsbedingt höher. „Das alles sind schreiende Ungerechtigkeiten, mit denen wir uns unserer Meinung nach nicht abfinden dürfen“, so Küßner.

Corona-Pandemie als Weckruf

Oxfam versteht die Pandemie als Weckruf, diese Probleme endlich anzugehen. Dafür müsse unser Wirtschaftssystem grundlegend überarbeitet werden, so der Bericht. Unter dem Schlüsselbegriff „Demokratisierung der Wirtschaft“ plädiert Oxfam für ein System, „an dem Beschäftigte, Erzeuger, Verbraucher:innen und andere Akteursgruppen politisch und wirtschaftlich gleichberechtigt teilhaben und das Gewinne unter Beachtung der planetarischen Grenzen erwirtschaftet und von Anfang an gerecht verteilt.“ Grundaussage des Berichts also: Die Wirtschaft muss sich stärker am Gemeinwohl ausrichten und weniger gewinnorientiert arbeiten.

Saskia ist promovierte Germanistin und arbeitet seit 2017 im Finanzbereich. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte liegen vor allem im Bereich Wertpapierdepot, Bausparen, sowie bei Unfall- und Sterbegeldversicherung.
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