Der Weg an die Börse wird Kleinanlegern heute immer leichter gemacht: Das nötige Depot kann ganz einfach online eröffnet werden, die meisten Online Broker bieten eine kostenlose Depotführung an und unterbieten sich bei den Ordergebühren gegenseitig. Doch wie können Sie mit Aktien handeln und dabei Rendite erzielen? Chartanalysten würden antworten: durch die Analyse von Aktiencharts mittels des Momentums. Chartanalyse durch technische Indikatoren soll die Möglichkeit bieten, günstige Handelszeitpunkte zu ermitteln und dadurch die eigenen Renditechancen zu erhöhen.
Was ist das Momentum?
Englisch „Momentum“, deutsch „Schwung“ oder „Impuls“ – der Momentum-Indikator misst die Geschwindigkeit bzw. Stärke einer Kursbewegung. Als einer der wenigen technischen Indikatoren kann er außerdem frühzeitig auf Marktänderungen wie eine Trendumkehr hinweisen. Üblicherweise wird er mit MOM abgekürzt.

Das Momentum als Basisindikator
Das Momentum gilt unter Chartanalysten als Mutter vieler technischer Indikatoren. Zum Beispiel bildet es die Basis für den Indikator MACD, mit dem neben der Bestimmung der Trendrichtung ebenfalls die Trendstärke eines Kurses analysiert werden kann.
Momentum: Bedeutung als Oszillator
Es gibt zwei Arten von technischen Indikatoren: Trendfolge-Indikatoren zeigen den Trend eines Aktienkurses (aufwärts oder abwärts) an. Oszillatoren wie der Momentum-Indikator dagegen werden erstens verstärkt eingesetzt, um die Trendstärke zu ermitteln. Zweitens können mit ihnen Trendwenden im Kursverlauf entweder nachträglich bestätigt oder – im günstigsten Fall – vorhergesagt werden.
Wie alle Oszillatoren schwingt das Momentum um seinen Mittelwert, die Nulllinie, herum. Die Bandbreite für die grafische Darstellung wird in der Regel zwischen 0 und 100 festgelegt. Die Nulllinie liegt entsprechend bei 50. Nähert sich der Indikator den Extremzonen, also den Werten 100 oder 0, gilt der Markt als überkauft bzw. überverkauft. In der Folge ist eine Abschwächung des Auf- oder Abwärtstrends wahrscheinlich. Dabei gilt: Je weiter sich der Momentum-Indikator seiner Nulllinie nähert, desto schwächer ist die Trendbewegung ausgebildet bzw. desto weniger Schwung hat der Trend. Schneidet der Indikator die Nulllinie, kommt es zu einer Trendumkehr.
Die Trendstärke und der Wurf eines Balls
Die Schwungkraft von Aktienkursen wird häufig mit dem Wurf eines Balls verglichen. Wirft man einen Ball senkrecht in die Höhe, beschleunigt er zunächst stark. Je höher der Ball steigt, desto langsamer wird seine Bewegung. Gleichzeitig wird es umso wahrscheinlicher, dass er seine Richtung ändert, also wieder zu Boden fällt.
Die Berechnung des Momentums
Der Momentum-Indikator berechnet sich aus der Differenz des aktuellen Schlusskurses (Close-t) einer Aktie und einem Schlusskurs vor einem definierten Zeitraum (Close-tn). Damit stellt der MOM die absolute Preisdifferenz zwischen zwei Zeitpunkten dar. Bei einem 10-Tages-Momentum lautet die Formel:
MOM = Closet – Closet-10
In Analysetools beträgt die Standardeinstellung für das Momentum in der Regel 10, 12, 20 oder 30 Tage oder Wochen. Je nach Anlagestrategie oder Trading-Ziel kann allerdings auch eine beliebige Zeitperiode eingestellt werden. Wissen sollten Sie dabei allerdings: Je kleiner die Periode, desto sensibler reagiert das Momentum auf aktuelle Kursveränderungen.
Die Rate of Change (ROC) als alternative Berechnungsmöglichkeit
Die so genannte Rate Of Change oder Veränderungsrate ist eine alternative Berechnungsmöglichkeit des Momentums. Um sie zu erhalten, wird nicht die Differenz, sondern der Quotient aus dem aktuellen Schlusskurs und dem Schlusskurs vor n Perioden gebildet. Damit ergibt sich folgende Formel:
ROCt = Closet / Closet-n
Mehrwert durch die ROC?
Manchen Chartanalysten gilt die Rate Of Change als eigenständiger Indikator. Da sich Interpretation und Ergebnisse jedoch nicht vom Momentum unterscheiden, wird diese Differenzierung eher selten getroffen.
Der ROC-Wert zeigt damit an, um wieviel Prozent der aktuelle Kurs unter bzw. über dem Kurs vor n Perioden liegt. Man erhält also die relative Preisdifferenz zwischen den beiden ausgewählten Kurswerten. Einige Analysetools multiplizieren den Quotienten außerdem mit 100. Das ist in der Regel rein programmtechnisch bedingt und ändert nichts an der eigentlichen Aussage. Die Ergebnisse werden in diesem Fall lediglich statt an eine Nulllinie an eine 100-Prozent-Linie angetragen. Die ROC gilt unter manchen Chartanalysten als eigenständiger Indikator, weil sie etwas anders berechnet wird. Allerdings bietet sie keinen Mehrwert zum Momentum.
Trendwenden frühzeitig erkennen: Handelssignale mit der Momentum-Strategie
Je nachdem, wie sich das Momentum verhält, können folgende Aussagen über den Kursverlauf einer Aktie getroffen werden:
- Momentum positiv und steigend: bestehender Aufwärtstrend beschleunigt sich.
- Momentum positiv und fallend: bestehender Aufwärtstrend wird gebremst.
- Momentum negativ und fallend: bestehender Abwärtstrend beschleunigt sich.
- Momentum negativ und steigend: bestehender Abwärtstrend wird gebremst.
Wie bei anderen Oszillatoren aus der technischen Chartanalyse wie dem MACD oder dem RSI (Relative Strength Index) spielt auch beim Momentum die Nulllinie eine wichtige Rolle. Das bedeutet für das Traden mit dem Momentum: Aktien kaufen sollten Sie dann, wenn der Indikator die Nulllinie von unten nach oben schneidet. Verkaufen sollten Sie, wenn die Nulllinie von oben nach unten durchbrochen wird.
Vorteile und Nachteile des MOM
- Vorteile: Der größte Vorteil dieses technischen Indikators ist sein vorauseilender Charakter. Das bedeutet, dass er frühzeitig auf eine bevorstehende Trendumkehr hinweisen kann, weil er die Stärke einer Trendbewegung misst. Beispielsweise zeigt das Momentum durch die Rate of Change eine Verlangsamung der Trendstärke an, lange bevor die Trendrichtung des Aktienkurses eine Schwäche erkennen lässt.
- Nachteile: Allerdings birgt das Momentum auch Nachteile. Aufgrund der vergleichsweise einfachen Berechnung des Indikators ist er beispielsweise recht anfällig für Fehlsignale. Schlimmstenfalls verlangsamt oder beschleunigt sich das Momentum also, obwohl keine Trend- bzw. Kursänderung bevorsteht. Außerdem sind die Extrembereiche unter- und oberhalb der Nulllinie bisher empirisch nicht belastbar. Es gibt also keine aussagekräftigen Statistiken dazu, ob der Markt jeweils tatsächlich überkauft bzw. überverkauft ist, wenn das Momentum einen Extrembereich erreicht. Diese Tatsache erschwert den Einsatz des Momentums als Überkauft- bzw. Überverkauftindikator.
Momentum-Signale absichern und Verlustrisiko minimieren
Der Momentum-Indikator ist der wohl am häufigsten verwendete technische Indikator in der Chartanalyse. Laut Chartanalysten hat er eine hohe Aussagekraft und ist darüber hinaus verhältnismäßig leicht zu berechnen. Trotzdem sollten Sie sich beim Traden keinesfalls allein auf das Momentum verlassen. Stattdessen ist es empfehlenswert, die Momentum-Tradingsignale mit den Signalen anderer technischer Indikatoren abzugleichen. Nehmen Sie zusätzlich eine Fundamentalanalyse zu Hilfe, analysieren Sie also die börsenkursrelevanten Daten des entsprechenden Unternehmens, verringern Sie das Verlustrisiko deutlich.