„Qualität zählt mehr als Quantität“: Mancher Anleger würde diese Aussage ohne zu zögern unterschreiben. Ein anderer vielleicht nicht. Die Frage, die dahintersteckt, ist: Ist es sinnvoller, sich qualitativ hochwertige Aktien herauszupicken? Oder ist Masse bei Aktieninvestments renditestärker? Letztlich wird sich diese Frage nicht zweifelsfrei klären lassen. Doch für Anleger, die bereit sind, ein wenig mehr Zeit in ihr Portfolio zu stecken, lohnt es sich, Aktien auch einmal unter qualitativen Gesichtspunkten zu betrachten.
Was ist Quality Investing?
Die Strategie, die eigene Kapitalanlage vorrangig nach Qualitätsmerkmalen zu tätigen, wird als Quality Investing oder auch Quality Investment bezeichnet. Anleger kaufen, was sie als qualitativ hochwertig einschätzen. Dieses Prinzip kennt man im Bereich der Kapitalanlage schon lange. Ratingagenturen prüfen und bewerten z.B. Anleihen. Immobilien hingegen werden oft von Sachverständigen bewertet. In beiden Fällen kann festgelegt werden, welche Werte Qualität haben und welche nicht. Das Quality Investing hat nun weniger mit solchen offiziellen Ratings zu tun, sondern mit der Analyse von Wertpapieren. Große Investoren, aber auch kleinere Privatanleger analysieren ein Unternehmen, das Wertpapiere wie z.B. Aktien ausgibt, nach verschiedenen betriebswirtschaftlichen Faktoren.

Die Kriterien sind flexibel
Eine wichtige Kennzahl ist zum Beispiel das Kurs-Gewinn-Verhältnis (kurz: KGV). Erst wenn das Unternehmen nach den Kriterien einer solchen Fundamentalanalyse einen guten und finanziell soliden Eindruck hinterlässt, wird auch in Betracht gezogen, die Aktien zu kaufen. Quality Investoren nutzen allerdings keinen allgemeinen, festen Kriterienkatalog, um die Qualität eines Finanzwerts zu bemessen. Vielmehr stellt jeder Investor seine eigenen Kriterien auf, die auch auf eigener Erfahrung beruhen können. Doch so unterschiedlich die Kriterien der Investoren sein können, die meisten berufen sich auf ähnliche betriebswirtschaftliche Kategorien. Zu nennen wären hier etwa:
- Geschäftsmodell
- Finanzkraft
- Management
- Kurspotential
- Marktumfeld
Wer eine Aktie bzw. das Unternehmen, das diese ausgibt, hinsichtlich ihrer Qualität bewerten möchte, sollte zum Beispiel auf finanzielle Faktoren wie Erträge oder Verschuldung achten. Ferner ist relevant, ob sich das Unternehmen Wettbewerbsvorteile erarbeiten konnte. Ein wichtiges Kriterium im Bereich Management ist etwa die Fluktuationsrate. Eine hohe Kündigungsrate zum Beispiel deutet auf schlechtes Personal-Management hin.
Letztlich soll mit diesen Faktoren festgestellt werden, was ein Unternehmen dafür tut, in seinem Markt eine gute Position einzunehmen bzw. zu verteidigen. Welche Dienstleistung oder welches Produkt bietet das Unternehmen überhaupt an? Wird das Unternehmen gut geführt und hat es eine solide finanzielle Basis? Wie sieht das Marktumfeld aus? Und wie hat sich die Entwicklung des Unternehmens bisher in seinem Aktienkurs niedergeschlagen? Das sind zentrale Fragen, die sich Quality-Investoren stellen sollten, bevor sie Aktien kaufen. Hilfreich ist es auch, Agentur-Ratings der jeweiligen Unternehmensanleihen zu Rate zu ziehen. Dabei sollten Anleger, wenn sie einmal gekauft haben, die Aktie auch weiterhin im Auge behalten. Denn natürlich kann es nach längerer Zeit auch sein, dass die Qualität nachlässt. Hier ist eine intensive Portfolio-Pflege nötig.
Abgrenzung zu anderen Anlagestrategien
Wo es ein komplexes Problem gibt, da gibt es auch verschiedene, miteinander konkurrierende Strategien, wie dieses Problem am besten zu lösen sei. Mit der rentablen Geldanlage verhält es sich genauso. Investoren versprechen sich von einer Reihe verschiedener Anlagestrategien die bestmöglichen Erfolgschancen. Das Quality Investing ist nur einer von vielen Ansätzen. Selbst das simple Buy-and-Hold ist letztlich eine anerkannte und weit verbreitete Strategie. Doch mit Growth Investing und Value Investing gibt es noch weitere Strategien.
Der erfolgreiche Investor Warren Buffett sieht zwischen Growth- und Value-Strategien keine fundamentalen Unterschiede. Seiner Meinung nach ist starkes Wachstum immer auch ein Kriterium für wertorientiertes Anlegen.
Obwohl diese Strategien stets die gleichen Ziele verfolgen, sind die Mittel dafür doch andere. Beim Growth Investing etwa suchen Analysten speziell nach Unternehmen, die ein starkes Wachstumspotential bieten. Value Investing, also wertorientiertes Anlegen, hingegen sucht nach Unternehmen, deren eigentlicher Wert höher ist, als der Kurswert ihrer Aktien vermuten lässt. Grob festhalten lässt sich, dass Value-Investoren Unternehmen identifizieren möchten, deren Aktien zu niedrig bewertet sind. Growth-Investoren hingegen haben auch sehr kostspielige Aktien im Blick, sofern sie trotzdem ein hohes Wachstumspotential bieten.
Ein Depot braucht man in jedem Fall
Egal, welche Strategie man nun verfolgt, bevor man Aktien kaufen kann, muss ein Wertpapierdepot eröffnet werden. Die gewählte Strategie spielt bei der Auswahl des Depots eine geringe Rolle, denn die meisten Depots der Online-Broker sind sehr gut für den Aktienhandel geeignet. Dennoch sollten strategische Anleger zumindest darauf achten, dass die Ordergebühren nicht allzu hoch ausfallen und der Broker den Handel an vielen Börsenplätzen weltweit zulässt.