Erneuter Skandal um Robinhood: Klage nach Suizid wegen Trading-App

Der US-amerikanische Broker Robinhood ist seit dem Wirbel um Gamestop auch hierzulande in aller Munde. Jetzt macht die Trading-App erneut Schlagzeilen. In den USA machen Angehörige eines jungen Mannes die Handelsplattform für dessen Selbstmord verantwortlich. Schuld seien falsche Kommunikation und fehlende Zulassungsvoraussetzungen des Brokers, bei dem vor allem junge und unerfahrene Menschen traden. Die Eltern haben Robinhood nun verklagt.

Automatisierte Antwort treibt jungen Anleger in die Verzweiflung

Bereits im Juni 2020 nahm der 20-jährige Alex Kearns sich das Leben. Zuvor hatte der Student vergeblich versucht, Mitarbeiter:innen der App Robinhood zu kontaktieren. Er nahm an, durch seine Trades mit 730.000 Dollar im Minus zu stehen. Eine automatisierte Mail forderte ihn zur Zahlung auf. So viel Geld hatte der junge Mann aber nie eingesetzt. Doch er hatte Optionen mit einem Hebel gehandelt. Dabei erwirbt man sich das Recht, eine Aktie oder ein anderes Wertpapier zu einem bestimmten Preis zu kaufen bzw. zu verkaufen. Optionen können mit Hebeln (englisch Margins) versehen werden, mit deren Hilfe man große Gewinne, aber auch Verluste machen kann.

Eine Telefonhotline bot der Broker zu dieser Zeit nicht an. Auf E-Mails seitens Kearns mit der Bitte, ihm den Sachverhalt zu erklären, reagierte Robinhood nicht. Im Glauben, dem Anbieter die umgerechnet rund 600.000 Euro zu schulden, beging er Selbstmord. In einer Abschiedsnachricht an seine Eltern prangerte der Student Robinhoods Umgang mit Anleger:innen an: Wie könne es sein, dass ein 20-Jähriger ohne viel Erfahrung Optionen mit einem Hebel von einer Million Dollar überhaupt handeln könne? Er habe im Glauben getradet, nur das Geld verlieren zu können, das er eingesetzt habe. Die Tragik: Einen Tag nach seinem Tod schickte Robinhood eine weitere automatische Nachricht. Die Sache habe sich inzwischen geklärt, Alex Kearns schulde dem Broker nichts mehr.  

Große Verantwortung seitens der Anbieter

Der Vorgang zeigt auf, welche Verantwortung Broker wie Robinhood haben. Den Handel mit Wertpapieren einer breiten Masse zugänglich zu machen, ist erst einmal nicht verwerflich. Doch die Tradingplattform muss sich jetzt vorwerfen lassen, ihre Nutzer:innen nicht gut genug aufzuklären und ihnen durch eine fehlende Hotline bei Fragen nicht zur Seite zu stehen. Zudem würde das Design der App den Eindruck vermitteln, Traden sei eine reine Spielerei, bemängeln Kritiker:innen. Robinhood verschleiere, dass es um echtes Geld geht, das man jederzeit verlieren kann. Zwar wird bei der Registrierung die Erfahrung mit Börsentrades abgefragt, doch schon bei der Angabe „Nicht viel Erfahrung“ werde man für Optionenhandel freigeschaltet, berichtet der Nachrichtendienst CBS. Inzwischen hat der Broker reagiert und für Anleger:innen, die mit Hebelprodukten handeln, eine Hotline freigeschaltet und Informationsmaterial bereitgestellt.

Mehrere hundert Beschwerden über Robinhood sind indes schon eingegangen. In den meisten von ihnen geht es um die Tatsache, dass der Kundenservice nicht oder nur verspätet reagiert. Die Zahlen seien laut CBS doppelt so hoch wie bei Konkurrenten.

Hintergrund:

Alles zur Rolle des Brokers Robinhood während des Gamestop-Aktienkaufs über Reddit.

Julia bewegt sich seit 2011 im Umfeld Finanzen. Als Expertin für Verbraucherthemen wie Girokonto, Kreditkarte und Depot hat die studierte Germanistin und Amerikanistin immer einen Tipp auf Lager.
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