Aktienrückkauf: Kursstabilisierung mit Haken

Manchmal sind die größten Abnehmer von Aktien die ausgebenden Unternehmen selbst. Vor allem in den USA sind Aktienrückkäufe in den letzten Jahren zum probaten Mittel geworden, um allzu schwankende oder gar sinkende Kurse zu stabilisieren. Das kann für Anleger positive Effekte haben. Doch die teilweise enormen Rückkaufprogramme bergen langfristige Gefahren – auch für die Aktionäre.

Was ist ein Aktienrückkauf?

Aktien werden an der Börse gehandelt. Und so können auch Unternehmen ihre eigenen im Umlauf befindlichen Aktien zum aktuellen Preis an der Börse kaufen. In Deutschland ist das laut Aktiengesetz zwar grundsätzlich erst einmal untersagt. Seit 1998 dürfen allerdings Unternehmen auch hier, mit der Zustimmung der Aktionäre auf der Hauptversammlung, Aktien im Wert von bis zu 10 Prozent des Grundkapitals zurückkaufen. Da Firmen, wenn sie ihre Aktien zurückkaufen, das oft im großen Maßstab tun, können solche Rückkaufprogramme teilweise sehr starke Kursbewegungen verursachen. Im günstigsten Fall steigen zuletzt gefallene Kurse nach einer solchen Maßnahme wieder. Doch sicher ist das keineswegs.

Vor- und Nachteile von Aktienrückkäufen für Unternehmen

Schutz vor Übernahmen Verringerung des Eigenkapitals
Stabilisierung des Aktienkurses
Weniger Invesitionsmöglichkeiten
Nutzung der Aktien bei Fusionen Mögliche Vertrauensverluste

Eine Maßnahme, viele Zwecke

In vielen Fällen dienen solche Rückkäufe also der Stabilisierung der Aktienkurse. Dementsprechend werden die Maßnahmen oft dann getroffen, wenn der Kurs der eigenen Aktie sinkt beziehungsweise schon länger sehr niedrig ist. Kauft das Unternehmen nun die eigenen Aktien zurück, kann es diese „löschen“, also vom Markt nehmen. In dem Fall sinkt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), und der Gewinn je Aktie steigt. Das geschieht zwangsläufig, denn künftig sind ja bei aktuellem Kurs weniger Anteilsscheine im Umlauf. Beide Effekte sind positiv zu werten.

Gleichzeitig wird allerdings durch den Rückkauf die Eigenkapitalquote reduziert, denn das Eigenkapital wird ja zum Kauf der Aktien verwendet. In einem gewissen Rahmen steigt dadurch das Konkursrisiko. Etwaige positive Entwicklungen nach dem Rückkauf, die auf das gesunkene KGV folgen, könnten damit postwendend wieder ausgeglichen werden.

Faktor Niedrigzinsen

In Zeiten niedriger Zinsen lohnt es sich für die wenigsten Firmen, Eigenkapital bei Banken anzulegen. Niedrige Zinsen können dann ein Faktor sein, der das Unternehmen in seiner Entscheidung für ein Rückkaufprogramm bestärkt.

Nicht gelöschte Aktien

Zurückgekaufte Aktien müssen nicht zwangsläufig vom Markt genommen werden. Ein Unternehmen kann mit dem Rückkauf auch andere Zwecke jenseits der Kursstabilisierung verfolgen – wobei nicht auszuschließen ist, dass solche Erwägungen nicht auch in diesen Fällen zumindest eine Rolle spielen. So können Unternehmen ihre Anteile etwa zu einem späteren Zeitpunkt an Mitarbeiter ausgeben oder ganz einfach wieder an der Börse verkaufen, wenn der Kurs eher den Vorstellungen des Managements entspricht. Die beschriebenen KGV- und Eigenkapitaleffekte stellen sich in solchen Fällen nicht ein.

Übernahmen und Fusionen

Auch im Zusammenhang mit Unternehmensfusionen und Übernahmen kann der Aktienrückkauf relevant sein. Übernimmt ein Unternehmen eine andere Firma, kann diese unter anderem in Aktien bezahlt werden. Bei Fusionen hingegen findet oft ein Aktientausch statt, wofür wiederum die zurückgekauften Wertpapiere verwendet werden. Und auch zur Abwehr feindlicher Übernahmen können Rückkaufprogramme gestartet werden. In diesem Fall werden Aktien vom Markt genommen. Die daraus resultierenden höheren Schulden und die geringere Liquidität machen das Unternehmen für potentielle Übernehmer weniger interessant.

Bedeutung für die Anleger

Wenngleich man nie genau vorhersehen kann, welche Effekte Aktienrückkäufe nach sich ziehen, steht doch fest, dass sie für die Anleger nicht folgenlos bleiben, ob nun im positiven oder im negativen Sinne. So ist der Aktienkurs der Deutsche Post AG zwar, nachdem diese im Februar 2016 ihr Rückkaufprogramm angekündigt hatte, bis August 2016 um knapp 70 Prozent gestiegen. Doch oftmals verpuffen die Effekte einfach oder stoppen lediglich fallende Kurse.

Zudem bedeuten Rückkäufe oft, wenn sie wie in den letzten Jahren von vielen US-amerikanischen Unternehmen im großen Maßstab betrieben werden, dass gleichzeitig weniger Geld in Forschung und Entwicklung investiert wird. Dann spiegelt ein kurzfristiger Kursgewinn immer weniger die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens wider. Auf langfristige Sicht können so Fehlentwicklungen kaum kaschiert werden. Und Langfristigkeit ist es doch, worauf viele Anleger aus sind, ganz egal, ob sie nun direkt Aktien kaufen oder dies im Rahmen eines Fonds tun.

Hauptversammlung

Damit ein Unternehmen überhaupt Aktien zurückkaufen kann, bedarf es der Zustimmung einer Mehrheit der Aktionäre. Hierfür wird eine Hauptversammlung angesetzt, auf der das Programm vorgestellt und diskutiert wird. Wurde zugestimmt, kann das Unternehmen mit der Umsetzung beginnen. In der Regel wird Rückkaufprogrammen dann nur ein bestimmter Zeitrahmen gewährt.

Rückrufprogramm als Chance

Anleger, die Aktien eines Unternehmens im Depot haben, das Rückkäufe ankündigt, können unter Umständen die eigenen Anteile zu einem Preis verkaufen, der deutlich über dem aktuellen Kurs liegt. Oder sie spekulieren auf künftige Kurssteigerungen und behalten ihre Aktien. Anleger hingegen, die erst jetzt in die entsprechende Firma investieren und über ihren Broker Aktien kaufen möchten, sollten allerdings nicht nur das Rückkaufprogramm als Anreiz nehmen, sondern in dem Zug auch andere Aspekte berücksichtigen, etwa das allgemeine Börsenumfeld und die Quartalszahlen des Unternehmens.

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