Hohe Kursgewinne bei Gamestop: Hedgefonds ziehen sich zurück

Kleinanleger:innen wetten seit Tagen gegen Hedgefonds und Leerverkäufe. Die Folgen: Extreme Kursgewinne bei kriselnden Aktien, Hedgefonds, die kurz vor der Pleite stehen, und Broker, die den Handel aussetzen.

Es ist ein Kampf der Kleinen gegen die Großen. Seit Mitte Januar sprechen sich Privatanleger und -anlegerinnen auf Plattformen wie Reddit zu konzertierten Aktienkäufen ausgewählter Titel ab. Im Fokus stehen die Aktien des Computerspiel-Händlers Gamestop und der Kinokette AMC. Dabei galten beide lange Zeit als Pleitekandidaten – auch aufgrund der Leerverkäufe der Hedgefonds. Dabei handeln sie meist über besonders günstige Neobroker wie den US-amerikanischen Anbieter Robinhood oder den Berliner Broker Trade Republic.

Absprachen der Kleinanleger:innen

Die Gamestop-Aktie stand gestern um 14 Uhr bei ca. 400 Euro. Ein unglaublicher Preis angesichts der Tatsache, dass die Aktie in den vergangenen Jahren nie über 15 Euro hinausgekommen ist. Bis Anfang Januar. Da nämlich sammelten sich auf Reddit private Anleger:innen, um durch großflächige Käufe gezielt den Kurs der Gamestop-Aktie in die Höhe zu treiben. Seitdem ging es steil bergauf an der Börse. Allein in den vergangenen fünf Tagen stieg der Kurs um über 700 Prozent. Auch ein Tweet von Tesla- und SpaceX-Chef Elon Musk, in dem er das Reddit-Forum Wall Street Bets erwähnt hat, wird seinen Teil zu den Entwicklungen beigetragen haben.

Schlag gegen Hedgefonds

Die Verlierer der Aktion sind schnell gefunden: Hedgefonds, die große Short-Positionen auf Gamestop-Aktien halten. Besser gesagt, hielten. Denn nach den spektakulären Kurszuwächsen mussten die betreffenden Hedgefonds ihre Positionen schließen – und die geliehenen Aktien zum Vielfachen des ursprünglichen Verkaufspreises einkaufen.

Was sind Leerverkäufe?

Du verstehst kein Wort? Da haben wir Abhilfe. Hier gibt es unseren Crashkurs zum Thema Leerverkäufe.

Besonders hart getroffen hat es den Hedgefonds Melvin Capital. Der hat durch seine Short-Positionen u.a. auf Gamestop-Aktien so hohe Verluste erlitten, dass er mit 2,75 Milliarden Dollar von den Hedgefonds Citadel und Point72 gerettet werden musste.

Robin-Hood-Aktion oder Spekulation?

Unterdessen wird in den Finanzressorts verschiedener Medien diskutiert, worin eigentlich der Zweck der Aktion besteht. Wollten die Kleinanleger:innen einen Schlag gegen in ihren Augen bösartige Hedgefonds landen? Oder standen – ganz in bester Börsentradition – simple Profitinteressen im Fokus? Im Reddit-Forum Wall Street Bets scheint man sich da jedenfalls recht einig zu sein. Die Posts, die in den Aktienkäufen eine Aktion gegen Hedgefonds sehen (ein Beispiel hier), sind in der Überzahl.

Die Börsenaufsichten verschiedener Länder und viele Broker sehen die Kaufabsprachen kritisch. Die ersten Broker reagierten bereits und setzten den Handel mit den betroffenen Aktien aus. Unter anderem Trade Republic lässt den Kauf von Gamestop-Aktien nicht mehr zu. Lediglich verkaufen können Anleger:innen entsprechende Papiere.

Neobroker machen es möglich

Noch vor wenigen Jahren wären solche massiven Käufe tausender Anleger:innen eher unwahrscheinlich gewesen: zu hohe Gebühren für Depots und Orders sorgten lange Zeit dafür, dass nur wenige Menschen in den Aktienhandel einstiegen. Neobroker wie Smartbroker, Trade Republic und justTRADE bieten jedoch sehr günstige, teilweise gar kostenlose Handelsmöglichkeiten. Erst durch die Angebote solcher Broker – in den USA heißt der Vorreiter bezeichnenderweise Robinhood – ermöglichen den Aktienhandel für jedermann und jedefrau.

Saskia ist promovierte Germanistin und arbeitet seit 2017 im Finanzbereich. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte liegen vor allem im Bereich Wertpapierdepot, Bausparen, sowie bei Unfall- und Sterbegeldversicherung.

Stilisierte Sprechblasen in Schwarzweiß Diskussionsforum
>