Finanzen in Zeiten von Corona: ein Rück- und Ausblick

2020 war ein außergewöhnliches Jahr. Corona forderte die Menschen Tag für Tag heraus. Auch aus wirtschaftlicher Sicht war viel los. Für Bankkund:innen bot 2020 Licht und Schatten, Risiken und Chancen zugleich. Was waren die größten Aufreger in unseren Produktbereichen? Was erwarten wir für 2021? Was bedeutet das für Bankkund:innen? Die Redaktion von testsieger-konto.de blickt zurück und nach vorn.

Auch für Banken und andere Finanzdienstleister war das Corona-Jahr herausfordernd. Börsencrash und Börsenerholung, Unternehmenspleiten und Kreditausfälle, Beschränkungen im Einzelhandel und beim Reisen: All das sind Faktoren, die sich auch auf die Produktpalette der Banken auswirken. Die Redaktion von testsieger-konto.de wirft einen Blick auf die wichtigsten Themen aus den einzelnen Produktbereichen. Womit hatten die Kund:innen von Girokonto, Depot und Kreditkarte dieses Jahr zu kämpfen? Und was erwarten wir für 2021?

Wirtschaft abseits von Corona

Zweifellos war die Corona-Krise zwar das bestimmende, aber nicht das einzige Thema des Jahres 2020. Der Brexit ist ein Dauerbrenner und Stand heute immer noch im Gange. Die letzte zu klärende Frage – Deal or no Deal? – haben manche in Großbritannien tätige Unternehmen für sich bereits geklärt und ziehen sich nach und nach aus dem Königreich zurück.

Während die Welt gebannt nach Washington blickte und das Spektakel der Präsidentschaftswahl verfolgte, wurde andernorts das größte Freihandelsabkommen der Welt aus der Taufe gehoben. Asiatische und pazifische Staaten haben mit RCEP, kurz für „Regional Comprehensive Economic Partnership“, ein Abkommen geschaffen, das gemeinsame Regeln für Handel und Dienstleistungen, Investitionen, Urheberrechte und Telekommunikation festlegt. Mitten im Handelsstreit zwischen USA und China ein deutliches Signal nach Washington, aber auch nach Brüssel.

In Deutschland bestimmte vor allem der Wirecard-Skandal die Nachrichten jenseits von Corona und warf dabei nicht nur ein schlechtes Licht auf Finanzpolitik, Wirtschaftsprüfer und die BaFin. Das Aus von Wirecard bedeutete auch einen herben Verlust für den DAX, der damit sein einziges Fintech-Unternehmen verlor. Für die Deutsche Börse jedoch ein willkommener Anlass, die seit längerem diskutierte Reform des deutschen Leitindexes auf den Weg zu bringen: Ab September 2021 wird der DAX die 40 stärksten deutschen Unternehmen listen, nicht wie bisher nur die 30 stärksten Firmen.   

Wirecard-Zentrale in Ascheim bei München

Depotkonto: Erst Crash, dann Run

Als im Februar die ersten Lockdowns in Europa verkündet wurden, dauerte es nicht lang und die Anleger:innen übertrugen ihre wirtschaftlichen Ängste auf die Börsen der Welt. Ein gehöriger Börsencrash war die Folge: Der DAX etwa verlor innerhalb von fünf Wochen fast 40 Prozent. Doch die Talsohle war schnell durchschritten. Ein Großteil der Verluste wurde bis Anfang Juni bereits wieder ausgeglichen. Heute befindet sich der DAX beinah auf Vorkrisen-Niveau.

Die flächendeckend steigenden Börsenkurse ab Mitte März wollten sich auch unsere Leser:innen nicht entgehen lassen. Online-Broker und Depotbanken konnten in kurzer Zeit so viele Neukund:innen gewinnen wie selten zuvor. „Streckenweise war der Run auf Depotkonten so groß, dass sich die Anträge bei den Banken gestaut haben“, sagt Konstantin Bulinger, bei testsieger-konto.de u.a. für die Vermarktung von Depotprodukten zuständig. Insbesondere Depotüberträge zogen sich länger hin als üblich. „Zum Glück gab es noch die Neobroker“, ergänzt Bulinger. 2019 und 2020 ging in Deutschland eine Reihe neuartiger Broker mit besonders günstigen Konditionen an den Start, sogenannte Neobroker: „Diese Broker konnten einen Großteil der Neukund:innen auffangen.“

Interessante Erkenntnisse förderte der Crash auch in der digitalen Vermögensverwaltung zutage: Die FMH Finanzberatung fand heraus, dass passive Robo-Advisor mit einem simplen Rebalancing 2020 durchschnittlich eine bessere Performance hinlegten als solche, die aktiv versuchen, auf den Markt zu reagieren. „Das überrascht vor allem angesichts des starken Crashs im Februar“, kommentiert Saskia Gall, Redakteurin u.a. für Börsenthemen bei testsieger-konto.de. „Die meisten Robo-Advisor nutzen ja ETFs für ihre Portfolios. Und ETFs machen aufgrund ihrer Konstruktion leider jede Krise mit. Womöglich haben viel aktive Robos während des Crashs nicht die besten Entscheidungen getroffen.“ Der mit Abstand stärkste Robo-Advisor im Feld war dennoch ein aktiver, Smavesto aus Bremen.

Bescheidene IPOs und eine Ausnahme

An den Börsen sorgte die unsichere Stimmung 2020 für Zurückhaltung bei den deutschen Unternehmen. Viele für das Jahr geplante Börsengänge wurden verschoben. Unter anderem Thyssenkrupps Aufzugssparte, Continental-Ableger Vitesco und Gas- und Ölproduzent Wintershall Dea legten ihre IPOs auf Eis. Unternehmen, die den Schritt an die Börse doch wagten, blieben erst einmal hinter den Erwartungen zurück. Der Biopharmazeut CureVac legte nach einem verhaltenen Börsenstart im August immerhin einen guten Herbst hin.

International zeichnete sich lange Zeit ein ähnliches Bild. Den spektakulärsten Börsengang schaffte jedoch ausgerechnet ein Unternehmen der im Corona-Jahr stark gebeutelten Reisebranche: Der erste Handelskurs der AirBnb-Aktie lag mit 147 US-Dollar über dem Zweifachen des Ausgabekurses von 68 US-Dollar.

Dass trotz der Krise dieser Branche ausgerechnet ein Reiseunternehmen den stärksten Start hinlegt, hat vielleicht mehr mit dem Nimbus US-amerikanischer Tech-Aktien zu tun als mit den aktuellen Geschäftszahlen von AirBnb. Redakteurin Gall dazu: „Anleger:innen sehen in AirBnb in erster Linie einen Vertreter der innovativen Tech-Unternehmen aus den USA, weniger ein klassisches Reiseunternehmen. AirBnb ist für die meisten eher Amazon als TUI.“ Und so deutet der Erfolg von AirBnb beim Börsenstart auch an, was das Börsenjahr 2021 bringen könnte: Ein ungebrochenes Interesse an amerikanischen Tech-Aktien.

Girokonto: Preisspirale dreht sich weiter

Seit längerem schon stehen Banken in Deutschland unter Kostendruck. Auch 2020 haben sie die steigenden Kosten zum Teil an ihre Kund:innen weitergegeben. So ist etwa die Zahl der Banken gestiegen, die Verwahrentgelte für Giro- und Spareinlagen erheben. Außerdem wurden vereinzelt bei bisher kostenlosen Girokonten Kontoführungsgebühren eingeführt. Und wo es diese bereits gab, sind sie teilweise gestiegen. Insgesamt stiegen laut Statistischem Bundesamt die Kosten bei Girokonten um über 6 Prozent. Ein Ende der Preissteigerungen wird für 2021 nicht erwartet.

So denken viele über Gebührenerhöhungen ihrer Bank

Dem Kostendruck begegneten Banken jedoch nicht nur mit höheren Gebühren, sondern auch mit dem Versuch, ihren Bestandskund:innen weitere Produkte zu verkaufen. „Das machen Banken schon länger, nicht erst seit diesem Jahr“, erklärt Matthias Haft, bei testsieger-konto.de u.a. zuständig für das Thema Girokonto. „Das Girokonto ist dabei Dreh- und Angelpunkt für die Banken. Hier spielt die Musik, hier erfahren Banken, wie es finanziell bei ihren Kund:innen aussieht.“

Und dieses Wissen ist für Banken Gold wert, wenn sie entscheiden wollen, welches ihrer Produkte sie bei einem Kunden oder einer Kundin bewerben. „Deswegen ist den Banken auch so wichtig, dass die Menschen ihr Gehaltskonto bei ihnen haben und nicht irgendein Zweit- oder Drittkonto.“ Umso mehr Kontobewegungen stattfinden, umso besser lerne eine Bank ihre Kund:innen kennen. Folgerichtig waren kostenlose Girokonten 2020 immer öfter an die Bedingung geknüpft, dass ausreichend hohe Gehaltseingänge auf dem Konto stattfinden.

Kreditkarte: kaum Reisen, hohe Kreditrisiken

Kreditkartenherausgeber hatten es in diesem Jahr gleich doppelt schwer. Die Pandemie erschwerte das Reisen, machte es streckenweise unmöglich. Insbesondere die Zahl der Auslandsreisen ging in diesem Jahr zurück. Kein Anlass für viele Menschen also, sich eine Kreditkarte zuzulegen. Denn immerhin ist die gute Nutzbarkeit im Ausland eines der stärksten Argumente für eine Kreditkarte.

Ein zweiter Dämpfer für die Kreditkartenanbieter: Während Corona stieg auch die Gefahr für Kreditschulden. Die Haushalte hatten 2020 weniger Geld zur Verfügung und benötigten mehr Kredite. Gleichzeitig stundeten viele Verbraucher:innen ihre laufenden Kredite. Eine heikle Situation, in der Kreditkartenherausgeber ihre Neukund:innen lieber zweimal prüften. „Die Anbieter waren streckenweise zurückhaltender, was die Ausgabe neuer Kreditkarten betrifft“, sagt Julia Reck, als Redakteurin bei testsieger-konto.de u.a. für Kreditkartenthemen zuständig. Für 2021 spekulieren die Anbieter auf ein Comeback der Auslandsreisen und eine finanzielle Entspannung der Haushalte. „In dem Zug dürfte auch das Interesse an Kreditkarten wieder steigen“, sagt Reck.

Die Situation bei den Kreditkartenanbietern war jedoch nicht ausschließlich negativ. Immerhin war die Kreditkarte mit ihren Möglichkeiten zum kontaktlosen Zahlen auch eine der Gewinnerinnen der Krise, in der Hygiene und Vorsicht oberstes Gebot sind. Die Limits für pinfreies kontaktloses Zahlen wurden dementsprechend auch hochgesetzt. Die großen Kreditkartengesellschaften VISA und Mastercard indes konnten von dem Trend bisher nicht profitieren und verzeichneten Gewinneinbrüche.

Person zahlt kontaktlos an der Kasse
Kontaktloses Zahlen liegt nicht erst seit Corona im Trend

Geschäftskonto: Neugründungen für 2021 erwartet

Corona hat viele große und kleine Unternehmen hart getroffen. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31. Januar 2021 verschafft insbesondere den Unternehmen ein wenig Luft, die auf verspätete Zahlungen aus den November- und Dezemberhilfen hoffen. Es kann jedoch sein, dass 2021 erst einmal mit einer erhöhten Zahl von Insolvenzen beginnt, wenn Unternehmen nicht mehr genügend Finanzmittel aufbringen können, um zu überleben.

Für Geschäftskonto-Banken wird 2021 daher ein herausforderndes Jahr. Auf der einen Seite stehen Insolvenzen und andere Geschäftsaufgaben, die letztlich auch zur Folge haben, dass Geschäftskonten gekündigt werden. Andererseits wird die Krise auch viele neue Firmengründungen hervorbringen. Hier entsteht wiederum ein erhöhter Bedarf nach neuen Geschäftskonten. Angehende Unternehmer:innen können vermutlich die eine oder andere Eröffnungsprämie mitnehmen, wenn sie sich ein Geschäftskonto suchen.

Ein paar abschließende Worte

2020 war für die meisten Menschen eine Herausforderung; eine Herausforderung, die sich auch im neuen Jahr nicht von selbst erledigen wird und die wir gemeinsam angehen müssen. Wir von testsieger-konto.de wünschen unseren Leser:innen und allen anderen daher nicht nur ein frohes neues Jahr, sondern auch weiterhin viel Kraft und viel Gesundheit.

Saskia ist promovierte Germanistin und arbeitet seit 2017 im Finanzbereich. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte liegen vor allem im Bereich Wertpapierdepot, Bausparen, sowie bei Unfall- und Sterbegeldversicherung.
Stilisierte Sprechblasen in Schwarzweiß Diskussionsforum
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