Verflixtes Börsenjahr 2020: Die IPO-Flaute geht weiter

Erst keine IPOs, dann nur schwache – kein deutscher Börsengang konnte 2020 die Erwartungen erfüllen. Und auch international läuft es nicht rund auf dem Börsenparkett: Aktuell sorgt die Aussetzung des milliardenschweren IPOs der Alibaba-Tochter Ant-Group für Schlagzeilen.   

Nach der IPO-Flaute im letzten Jahr lag die Hoffnung auf vermehrten, großen Börsengängen 2020. Vor allem Corona und die damit einhergehende hohe Marktvolatiliät ließen viele Unternehmen ihre Pläne allerdings entweder verschieben oder ganz aussetzen. Ralf Darpe, Leiter Equity Capital Markets (ECM) bei der Société Générale für Deutschland, Österreich und die Schweiz fürchtet: „Das IPO-Jahr 2020 könnte eines der schlechtesten der vergangenen fünf Jahre werden.“

IPO-Pläne vieler Unternehmen zunichte oder auf Eis

Eigentlich waren für 2020 Börsengänge in Milliardenhöhe geplant. Bereits Ende Februar musste Thyssenkrupp seine Aufzugssparte allerdings notverkaufen – das Eigenkapital des Unternehmens war praktisch aufgezehrt. Auch Continental zog mit seiner Antriebssparte Vitesco den geplanten Börsengang zurück.

Noch Anfang des Jahres plante der Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea seinen IPO für das zweite Halbjahr 2020. Im Juli wurden diese Pläne dann revidiert: „Im aktuellen Marktumfeld werden wir den Börsengang der Wintershall Dea jedoch noch nicht auf den Weg bringen,“ so BASF-Finanzvorstand Hans-Ulrich Engel. Unter Vorbehalt einer positiven Marktentwicklung geht das Unternehmen jetzt von einer Erstplatzierung im Jahr 2021 aus.

Tatsächliche IPOs blieben hinter den Erwartungen zurück 

Ob Knaus Tabbert, Hensoldt oder Siemens Energy – die Unternehmen, die den Schritt an die Börse in der zweiten Jahreshälfte doch noch wagten, bleiben derzeit weit hinter den Erwartungen zurück. Analysten hatten den Wert der Energietechnik-Tochter Siemens Energy im Vorfeld auf etwa 20 bis 22 Milliarden Euro geschätzt. Nach dem Börsengang lag die tatsächliche Bewertung allerdings nur bei 16 Milliarden Euro, was definitiv als Rückschlag für den Siemens Spin-Off zu werten ist.

Ähnlich erging es dem Wohnwagen-Hersteller Knaus Tabbert. Trotz des Wohnwagenbooms während der Pandemie schaffte das bayerische Unternehmen den Sprung an die Börse nur gerade so: Der Ausgabepreis lag mit 58 Euro pro Aktie am unteren Ende der Preisspanne. Damit nahm Knaus Tabbert etwa 20 Prozent weniger ein als erhofft.

Auch die Aktien des Rüstungskonzerns Hensoldt wurden dem Unternehmen nicht gerade aus der Hand gerissen. Bis zu 16 Euro hätte die Aktie kosten können. Der tatsächliche Ausgabepreis lag allerdings nur bei 12 Euro. Nach dem Start verlor die Aktie zusätzliche 10 Prozent und notierte nur bei rund 10,80 Euro.

Wundermittel virtuelle Roadshow?

Es geht jedoch auch anders: Im Mai 2020, noch mitten in der ersten Hochphase der Pandemie also, ging der Datenbankentwickler Exasol an die Börse. Trotz des katastrophalen Umfelds notierte die Aktie des Unternehmens am Ende des ersten Handelstages mit 12,60 Euro deutlich über dem Ausgabepreis von 9,50 Euro. Mit dem IPO nahm das Unternehmen knapp 90 Millionen Euro ein.

Als einen wichtigen Teil dieses Erfolgs wertet Marc Osigus, Head of Investment Banking der IPO-begleitenden Bank Hauck & Aufhäuser, die virtuelle Durchführung der IPO-Roadshow über die Videoplattform Zoom: „Wir haben uns schnell gedacht, dass wir mit dieser Methode vielleicht sogar noch viel mehr Investoren erreichen können als auf dem klassischen Weg.“

Auch wenn die digitale Investorensuche den Erfolg von Exasol sicherlich nicht allein ausmacht, könnten sich andere Unternehmen diese Strategie für künftige Börsengänge abschauen. Sie bietet eine bisher noch kaum genutzte Chance, erfolgreiche und hohe Investments abzugreifen – auch nach Corona.

Saskia ist promovierte Germanistin und arbeitet seit 2017 im Finanzbereich. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte liegen vor allem im Bereich Wertpapierdepot, Bausparen, sowie bei Unfall- und Sterbegeldversicherung.
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