Urteil: Negativzinsen auf Giro- und Tagesgeldkonten verboten. Das Gericht verpflichtet die Sparda-Bank zur Rückzahlung der erhobenen Verwahrentgelte. Das Geldhaus geht in Berufung. Für die Branche steht viel auf dem Spiel.
Negativzinsen auf Giro- und Tagesgeldkonten sind „mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren“. Das Landgericht Berlin hat nach Handelsblatt-Informationen entschieden, dass die Sparda-Bank Berlin Minuszinsen auf Giro- und Tagesgeldkonten nicht mehr erheben darf (Az. 16 O 43/21). „Die Klausel benachteiligt den Verbraucher daher unangemessen“, heißt es in dem Urteil. Auch Minuszinsen auf Tagesgeldkonten widersprächen den gesetzlichen Leitlinien. Und weiter: Die Bank soll daher das Verwahrentgelt „auf eigene Kosten zurückzahlen“.
Sparda-Bank will in Berufung gehen
Für Einlagen, die 25.000 Euro übersteigen, verlangt die Sparda-Bank Berlin seit August 2020 ein Entgelt von 0,5 Prozent pro Jahr. Auf Tagesgeldkonten gilt das für Einlagen über 50.000 Euro. Nun soll damit Schluss sein. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig und die Sparda-Bank Berlin hat angekündigt, Berufung einzulegen. Doch sollte das Urteil in höheren Instanzen Bestand haben, käme auf die Geldinstitute nach dem BGH-Urteil zu unzulässigen Gebührenerhöhungen der nächste Hammer zu.
Die Sparda-Bank betonte gegenüber dem „Handelsblatt“ jedoch: „Das Urteil des Landgerichts Berlin weicht von bisherigen Urteilen ab, welche Verwahrentgelte grundsätzlich zulassen.“ Zudem halte sich die Bank an die seit 2019 mit der Finanzaufsicht Bafin abgestimmte Praxis, das Verwahrentgelt mit Bestandskund:innen ausdrücklich zu vereinbaren. In einem ähnlichen Fall hatte das Landgericht Leipzig im Juli der Sparkasse Vogtland Recht gegeben. Demnach darf die Sparkasse ein Verwahrentgelt für neue Girokonten erheben. Geklagt hatte damals die Verbraucherzentrale Sachsen, die inzwischen Berufung beim Oberlandesgericht Dresden eingelegt hat – es könnte der erste Fall sein, der vor dem BGH landet.
„Gutes Urteil für Verbraucherinnen und Verbraucher“
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), der die Klage gegen die Sparda-Bank Berlin geführt hat, begrüßte die aktuelle Entscheidung. „Das ist ein sehr gutes Urteil für Verbraucherinnen und Verbraucher. Das Landgericht Berlin setzt hiermit ein klares Signal gegen den Versuch vieler Banken, Kundinnen und Kunden mit Verwahrentgelten in Form von Negativzinsen zu belasten“, sagt vzbv-Rechtsreferendar David Bode.
Bank muss Gebühren unaufgefordert erstatten
Das Gericht verurteilte die Bank, die unrechtmäßigen Entgelte zu erstatten – ohne dass betroffene Kund:innen ihre Erstattungsansprüche selbst einfordern müssen. Damit eine Überprüfung möglich ist, muss das Kreditinstitut Namen und Anschriften der Kund:innen dem vzbv oder einem Angehörigen eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufs, etwa einem Rechtsanwalt oder Notar, übermitteln.
Erspartes langfristig investieren und vor Wertverlust schützen
Weit mehr als 400 Banken und Sparkassen erheben inzwischen Negativzinsen. Davon sind längst nicht mehr nur besonders solvente Kundinnen und Kunden betroffen, sondern immer häufiger auch Sparerinnen und Sparer mit kleinerem Budget. Unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits: Durch Inflation und Niedrigzins verliert dein Erspartes auf Giro- und Tagesgeldkonten mit der Zeit an Wert. Daher solltest du einen Teil deines Ersparten langfristig investieren – etwa über ein Depotkonto in Wertpapiere:
Zur Deutlichkeit sollte man vielleicht darauf hinweisen, das es bei der durch die Sparta-Bank angeführte „mit der Finanzaufsicht Bafin abgestimmte Praxis“ NICHT um das Verwahrentgelt als solches geht, sondern um die bis dahin gängige Praxis der Banken, Anpassungen von Verträgen ihrer Kunden einfach mitzuteilen und bei ausbleibender Gegensprache als akzeptiert zu betrachten. Daher, dass jetzt jeder Bestandskunde einer Verwahrentgelt-Vereinbarung ausdrücklich zustimmen muss. Ob das Erheben von Verwahrentgelt (insbesondere zusätzlich zu bereits abgesprochenen Kontoführungsgebühren) rechtens ist, klären, wie im Artikel erwähnt, gegenwärtig die Gerichte.